Schrauben bestehen nicht einfach nur aus Stahl oder Edelstahl. Es gibt sie in diversen Legierungen, Zusammensetzungen und vor allem Beschichtungen, welche die Schraube für so gut wie jeden Einsatzzweck ausrüsten. Vom U-Boot-Roboter in der Tiefsee bis zum Mars-Rover. Die Schrauben halten überall durch. Woraus bestehen Schrauben? Warum rosten manche, manche aber nicht und vor allem – es ist fantastisch zu verstehen, was so eine Schraube aushalten kann.
Schrauben können aus diversen Materialien hergestellt werden. Meist werden Stahl- und Edelstahlschrauben mit verschiedenen Härten und Legierungen gehandelt. Es gibt auch welche aus Titan und anderen Spezialstoffen für besondere Anwendungen. Grundsätzlich aber sind sie aus Stahl.
Stahl besteht aus Eisen und Kohlenstoff. Der Anteil des Kohlenstoffs und die abschließende Wärmebehandlung beeinflussen die Eigenschaften des Stahls, vor allem seine Festigkeit und Härte. Das ermöglicht den Einsatz in unterschiedlichen Einsatzgebieten.
Festigkeit und Härte einer Schraube sind wichtig, weil sich daraus sich auch die Zugfestigkeit und die Streckgrenze einer Schraube ergeben. Das heißt kurz gesagt: Es gibt einen Punkt, an dem eine Schraube reißt. Aus Sicherheitsgründen ist dieser natürlich wichtig!
Die Zugfestigkeit beschreibt die maximale Spannung, die eine Schraube aushalten kann. Die Streckgrenze beschreibt, wo der Punkt liegt, ab dem die Schraube nach einer Dehnung nicht wieder in ihre ursprüngliche Form zurück gehen kann – also, ab wann sie ausleiert und nicht mehr sicher ist. Deshalb wird für den Einsatz von Schrauben auch immer mit diesem Wert gerechnet und nicht mit der reinen Zugfestigkeit alleine!
Man kommt über die Bezeichnung der Schraube dahinter, was sie aushält.
Beispiel: Eine normale Zylinderkopfschraube aus Stahl mit den Maßen M3 x 12 mm 12.9
M3 = Durchmesser 3 mm
Länge = 12 mm
12.9 = Festigkeitsklasse.
Diese muss man anhand dieser Zahlen berechnen – und zwar wie folgt.
Wichtig: Die Angabe 12.9 heißt nicht “12,9” (nicht: Zwölf Komma Neun).
Es sind zwei unterschiedliche Werte, die zusammen gesehen erlauben, Mindestzugfestigkeit und Streckgrenze zu berechnen. Diese werden in Newton (N) ausgegeben und auf die Fläche der Schraube angewendet.
Newton ist die physikalische Einheit für reine Kraft, die gebraucht wird, um einen Körper mit der Masse von 1kg gleichmäßig auf 1 Meter pro Sekunde zu beschleunigen.
Die 12 gibt die Mindestzugfestigkeit an, wenn man den Wert 12 mit 100 multipliziert.
Also: 12 x 100 = 1200 N/mm². Die Mindestzugfestigkeit ist also 1200 N/mm².
Die Streckgrenze wiederum ergibt sich aus der Multiplikation der beiden Werte mit 10.
Also: 12 x 9 = 108 und dann 108 x 10.
Die Streckgrenze ist also 1080 N/mm².
Dafür brauchen wir noch den Kern-Durchmesser der Schraube, um die Fläche zu berechnen. M3 hat einen Kerndurchmesser (also Schaft ohne Gewinde) von 2,387 mm. Das wissen wir aus den vorhin genannten Normlisten der ISO, die festlegen, wie die Schraube produziert werden muss. Mit diesem Kerndurchmesser rechnen wir die Fläche der Schraube mithilfe der Flächenrechnung für einen Kreis wie folgt aus:
Kreisfläche = (π x 2,387²):4
Kreisfläche = (π x 5,697769):4
Kreisfläche = 4,475 mm²
Wir nehmen den sicheren Wert der Streckgrenze der Schraube, also 1080 N/mm² und multiplizieren ihn mit der Kreisfläche.
4,475 mm² x 1080 N/mm² = 4833 N
Jetzt haben wir die Kraft, welche die Schraube maximal aushält. Aber, Otto-Normalverbraucher denkt nicht in Newton, sondern in Kilogramm. Und Newton lässt sich einfach in kg übertragen:
4833 N : 9,81 m/s² = 492,7 kg
Das heißt also, dass eine „M3 x 12mm 12.9“ Schraube ganze 492,7 kg dauerhaften Zug aushält, ohne irgendwie nachzugeben.
Aber Achtung! Für die Praxis ist diese Berechnung nicht sicher genug!
Man müsste hier jetzt noch einen Sicherheitsfaktor einrechnen und andere Kräfte im Einsatzgebiet der Schraube mit einbeziehen, falls sie vorkommen (Scherkräfte usw.). Das je nach Einsatzgebiet zuverlässig zu berechnen, überlässt man entsprechenden Fachleuten! Aber das Prinzip ist klar. Es ist immer wieder erstaunlich, was so eine Schraube aushalten kann; dank Qualitätssicherung und ISO Normen, die das sicherstellen.
Edelstahl ist eine Legierung. Das heißt, der Stahl wurde zusätzlich bearbeitet. Hauptsächlich aus dem einfachen Grund, ihn gegen Korrosion zu schützen. Es ist klar, dass verrostetes Metall mit der Zeit Probleme verursacht und irgendwann nicht mehr sicher oder lösbar ist. Damit ginge die herausragende Eigenschaft der Schraube, lösbar zu sein, verloren.
Edelstahl rostet nicht bzw. wirklich nur unter absolut widrigsten Umständen und nur sehr langsam.
Zudem gibt es Edelstahllegierungen, die nicht magnetisch sind (austenitischer Edelstahl), was hier und da auch Sinn macht (z.B. in manchen elektronischen und medizinischen Geräten.) Zusätzlich gibt es Edelstahl, der auch für besonders widrige Umstände konzipiert wurde. Setzt man Edelstahl zum Beispiel in der Schifffahrt oder in Meeresnähe ein, dann korrodiert er durch die Salze und Säuren schneller. Dafür hat man den A4 Edelstahl entwickelt, welcher zusätzlich mit Molybdän behandelt ist, was die Resistenz gegen Salze und Säuren enorm erhöht hat.
Zu beachten ist, dass Edelstahl-Schrauben andere Bezeichnungen für Ausführungen und Festigkeitsklassen haben. Wäre unsere M3 Schraube aus der obigen Berechnung aus Edelstahl, würde sie so heißen: M3 x 12 mm A2-70.
Die Bezeichnung A2-70 bedeutet dabei Folgendes:
A = Die Werkstoffgruppe. Hier: Austenitischer Edelstahl (Chrom-Nickel-Stahl)
2 = Die Stahlgruppe.
-70 = Zugfestigkeit. Hier mind. 700 N/mm²
Auch damit ließe sich dann wieder rechnen.
Nur Stahlschrauben werden beschichtet und Edelstahl nicht, denn der Sinn der Oberflächenbeschichtungen ist der Korrosionsschutz, der bei Edelstahl durch die Legierung bereits optimal gewährleistet ist. Manche Verfahren werden auch nur für die Optik eingesetzt.
Grundsätzlich ändert sich die Farbe der Schrauben nach ihrem Kohlenstoffanteil, sofern sie nicht beschichtet und somit “blank” ist. Aber auch dann wird oft ein Verfahren eingesetzt, um die Schrauben dunkel zu färben. Das sogenannte “Brünieren”.
Zusätzlich werden blanke Schrauben für eine bessere Lagerung auch in ein Ölbad getaucht und erhalten so einen leicht schmierigen Ölfilm. Dieser stellt jedoch überhaupt keinen Korrosionsschutz dar.
Blankstahl ist nicht oberflächenbeschichtet, aber durch spezielle Prozesse so bearbeitet, dass er glatt ist. Dadurch ist er maßgenauer und lässt sich besser bewegen und verarbeiten. Das Farbspektrum wird bei diesem Stahl durch den Kohlenstoffanteil beeinflusst.
Bei diesem Prozess werden elektro-chemische Metallnebel oder Niederschläge als Überzug auf die Schrauben gebracht. Dadurch werden sie komplett mit einem anderen Metall (meist Zink) versehen und geschützt.
Hier werden die Schrauben in heißes Zink getaucht. Dabei entsteht zunächst eine Legierung aus Eisen und Zink auf der dann eine fest haftende Zinkschicht entsteht. Feuerverzinkung ist beständiger als Galvanisieren. Diese Schrauben finden sich dann meist im Außenbereich oder unter extremeren Bedingungen. Sie sind wirtschaftlicher, weil immer noch günstiger als Edelstahl.
Brünierieren ist ein chemischer Prozess, der eine minimale Schutzschicht auf die Schrauben gibt. Erreicht wird das durch Eintauchen in bestimmte chemische Lösungen. Dadurch bilden sich Oxidschichten auf den Schrauben (sog. “Edelrost”), die letztlich etwas vor Korrosion schützen. Dabei werden die Schrauben – wie der Name vermuten lässt – gebräunt. Die Brünierung ist jedoch keine Beschichtung.
Bilder:
Stahl-Hochofen: zephylwer0, Pixabay
Starke Schraube: Schäferle | OpenClipart, Pixabay
Newtons Wiege: Jarmoluk, Pixabay
Edelstahl: mauryamohit138, Pixabay
Oberflächen der Schrauben: AxxLC | Silberfuchs | Leonardo1960 | edinaldo_maciel | Pixies | InspiredImages | Gadinie, (alle Pixabay, geändert)
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